Defibrillator: Moderner Lebensretter geht unter die Haut

Autor: Dr. Andrea Wülker

Das Kabel mit den zwei Elektroden und der Defi-Spule verläuft beim subkutanen ICD parallel zum Sternum. Das Kabel mit den zwei Elektroden und der Defi-Spule verläuft beim subkutanen ICD parallel zum Sternum. © wikimedia/PaulT

Wachablösung für den althergebrachten implantierbaren Defi? Subkutane Systeme kommen im Gegensatz zu herkömmlichen Geräten ohne intrakardiale Elektroden aus. Bestimmte kabelassoziierte Komplikationen entfallen somit.

In der Prävention des plötzlichen Herztods ist ein implantierbarer Kardioverter/Defibrillator (ICD) der besten verfügbaren Pharmakotherapie überlegen, so die Studienlage. Das Gerät punktet sowohl primärpräventiv bei Hochrisikopatienten als auch in der Sekundärprävention nach einem überstandenen Herzstillstand, schreiben Dr. Christopher J. McLeod und Kollegen von der Mayo Clinic, Rochester.

Systemfehler oder medizinische Komplikationen, die bei herkömmlichen ICD auftreten, haben fast immer mit der Elektrode zu tun, die in der Nähe der Trikuspidalklappe liegt. Während jeder Systole wird das Material mechanisch belastet. Nach fünf Jahren funktionieren bis zu 40 % der Elektroden nicht mehr korrekt. Hinzu kommt, dass intravaskuläre Kabel thrombogen wirken oder Ausgangspunkt für eine Infektion sein können, sodass sie entfernt werden müssen. Aufgrund der Lage droht zudem eine signifikante Trikuspidalinsuffizenz. Um diese potenziellen Nachteile zu umgehen, wurden die subkutanen (S-)ICD entwickelt.

Risiko von Perikarderguss und Pneumothorax entfällt

Das Steuerungsgerät des S-ICD wird linkslateral am Thorax unter der Haut eingesetzt. Vom Device ausgehend schieben die Operateure das Kabel, an dessen Ende sich zwei Elektroden samt Defi-Spule befinden, subkutan in Richtung Brustbein. Am Xiphoid wird es mit einer Naht fixiert und dann parallel zum Sternum nach kranial „verlegt“. Die Verankerung erfolgt auf Höhe des sternomanubrialen Übergangs. Für die Implantation genügen zwei bis drei kleine Hautinzisionen.

Zu den möglichen Komplikationen zählen Hämatome, Infektionen und Wundheilungsstörungen. Bakteriämien traten in Studien bislang nicht auf. Zudem kommt es aufgrund der extrathorakalen Lage weder zu Perikardergüssen noch zum Pneumothorax. Die Lebensdauer moderner Systeme liegt bei etwa sieben Jahren. Die meisten Personen mit einer Indikation zur Primärprävention via ICD eignen sich auch für die subkutane Variante (s. Kasten). Bei Herzkranken, die aufgrund einer AV- oder Sinusknoten-Dysfunktion ein chronisches Pacing benötigen, sollte ein S-ICD nicht erwogen werden.

Vor einer eventuellen Implantation ist ein Screening mittels Oberflächen-EKG notwendig. Denn die aufgezeichnete elektrische Aktivität der subkutanen Elektroden hat im Vergleich zu endokardialen eine geringere Amplitude, das System ist somit anfälliger für lagebedingte Veränderungen. Basierend auf der QRS-Amplitude und dem Verhältnis des QRS-Komplexes zur T-Welle filtert die Voruntersuchung Patienten mit einem hohen Risiko für inadäquate Schocks heraus. Bei etwa 7–10 % der gescreenten Patienten wird auf die Implantation eines S-ICD verzichtet – bei ihnen liegt nicht selten eine hypertrophe Kardiomyopathie oder eine angeborene Herzkrankheit vor.

Für wen sich der subkutane ICD eignet – und für wen nicht

Starke Indikationen
  • Jüngere Patienten
  • Primärprävention
  • Schwieriger transvenöser Zugang
  • Infektion eines vorherigen herkömmlichen ICD
  • Infektionsrisiko (mechanische Herzklappen, Diabetes, Nierenfunktionsstörung)
Relative Kontraindikation
  • Notwendigkeit eines Anti-Tachykardie-Pacings
Absolute Kontraindikationen
  • Schrittmacher-Indikation (Bradykardie oder kardiale Resynchronisationstherapie)
  • Screening nicht bestanden (= hohes Risiko inadäquater Schocks)

13 % der Patienten erhielten einen inadäquaten Schock

Die Sicherheit und Wirksamkeit der moderenen Technik wurde in verschiedenen Studien untersucht. In der prospektiven US-IDE-Studie konnte ein S-ICD bei 314 von 321 Patienten erfolgreich implantiert werden. Nach 180 Tagen lag die Rate an komplikationsfreien Systemen bei 99 %. Während der mittleren Nachbeobachtungszeit von elf Monaten konnten Episoden an induziertem Kammerflimmern sowie spontane Kammerarrhythmien bei allen Teilnehmern erfolgreich beendet werden. 13 % der Herzkranken erhielten einen inadäquaten Schock. Kürzlich wurden die Zwei-Jahres-Daten aus einem S-ICD-Regis­ter mit den Ergebnissen der US-IDE-Studie zusammen ausgewertet. Die Analyse umfasste ungefähr 900 Patienten. Spontane ventrikuläre Tachyarrhythmien wurden in 98,2 % der Fälle erfolgreich behandelt. Nur wenige benötigten mehr als einen Schock. Die Rate für inadäquate Schocks lag weiterhin bei ca. 13 %, die Mehrheit trat aufgrund eines T-Wellen-Oversensing (39 %) auf. Gerätassoziierte Komplikationen waren insgesamt bei jedem Zehnten zu verzeichnen, zu einem Elektrodenversagen oder systemischen S-ICD-assoziierten Infektionen kam es nicht. Der subkutane Defibrillator stellt einen wichtigen Fortschritt in der klinischen Medizin dar, so das Urteil der Autoren. Technische Verbesserungen wie Verkleinerung des Geräts und längere Lebensdauer der Batterie dürften zu einem breiteren Einsatz führen. Eine Einschränkung – zumindest in einigen Ländern – seien allerdings die hohen Kosten des Geräts.

Quelle: McLeod CJ et al. European Heart Journal 2017; 38: 247-257