Testament: Kinder mit Behinderung über den Nachlass absichern
Sollen behinderte Kinder Teile des Familienvermögens erhalten, mit denen sie nach dem Tod der Eltern Leistungen finanzieren können, die nicht von Staat oder Kassen bezahlt werden, muss verhindert werden, dass das Erbe auf die Sozialbehörden übergeleitet wird. Diese würden das Vermögen zur Deckung der Kosten einsetzen, die durch staatliche Leistungen an Behinderte entstehen.
Obwohl es eigentlich dem sozialrechtlichen Grundsatz der Nachrangigkeit von Sozialhilfe widerspricht, sind dem Bundesgerichtshofs zufolge seit Anfang der 1990er-Jahre Testamentsgestaltungen zulässig, die genau diese staatlichen Überleitungsansprüche verhindern. Ohne testamentarische Verfügungen, also wenn Kinder aufgrund gesetzlicher Erbfolge erben, besteht ein solcher Schutz nicht.
Ohne geeignete Verfügung ist das Erbe nicht geschützt
Das klassische „Behindertentestament“ sieht vor, dass die Kinder als beschränkte Erben, nämlich als nicht befreite Vorerben (vergleichbar mit einem Nießbrauchsberechtigten), eingesetzt werden und dass die Testamentsvollstreckung über den Erbteil des behinderten Kindes auf dessen Lebenszeit angeordnet wird. Außerdem erhält der Testamentsvollstrecker die Anweisungen, den Erbteil des Kindes nur so einzusetzen, dass staatliche Leistungen nicht gekürzt werden oder wegfallen. Er darf das Erbe also nur für Ausgaben verwenden, für die es keine staatlichen Leistungen gibt – z.B. Freizeiten, Geschenke, Begleitpersonen, Maßnahmen, die von den Krankenkassen nicht bezahlt werden, sowie Hobbys und Liebhabereien.
Mit solchen Testamentsgestaltungen wird erreicht, dass der Sozialhilfeträger weder auf die Substanz des Erbes noch auf die Nutzungen zugreifen kann und unabhängig vom Wert des Nachlasses der Anspruch auf staatliche Leistungen erhalten bleibt. Nach dem Ableben des behinderten Kindes fällt der Nachlass dann den entsprechend eingesetzten Nacherben zu.
Länger lebendem Elternteil nichts wegnehmen
Spielen Immobilien im Nachlass eine Rolle, kann stattdessen die Einsetzung des behinderten Kindes als Vorvermächtnisnehmer und andere Personen als Nachvermächtnisnehmer zweckmäßig sein. Der Behinderte hat dann einen Anspruch auf Zuwendung eines Vermächtnisses gegenüber den Erben. Damit werden Probleme vermieden, die sich in einer Erbengemeinschaft ergeben können, wenn ein Betreuer oder das Betreuungsgericht mitwirken.
Eine wirtschaftliche Belastung des länger lebenden Elternteils kann dadurch vermieden werden, dass der Zeitpunkt der Erfüllung von diesem Elternteil bestimmt werden kann. Das Vermächtnis muss also nicht zu Lebzeiten erfüllt werden.
Damit ein solches Testament „wasserdicht“ wird und wirklich dazu führt, dass weder zu Lebzeiten des behinderten Kindes noch nach dessen Ableben staatliche Stellen Anspruch auf dessen Erbe erheben, ist es mehr noch als bei anderen Testamenten empfehlenswert, das Testament bei einem Notar zu errichten.