Cartoon Medizin und Markt

Mit Algen und Magneten gegen Sodbrennen

Dr. Dorothea Ranft

Das zähflüssige Alginsäure-Gel, das aus Algen gewonnen wird, verhindert einen Reflux in die Speiseröhre. Das zähflüssige Alginsäure-Gel, das aus Algen gewonnen wird, verhindert einen Reflux in die Speiseröhre. © fotolia/rdnzl

Ein großer Teil der Patienten mit gastroösophagealer Refluxkrankheit hat trotz PPI-Einsatz weiterhin Symptome. In solchen Fällen kann z.B. ein Naturprodukt auf Algenbasis den Säurerückfluss in die Speiseröhre verhindern. Falls auch das nicht genügt, lindern Magnetband oder Schrittmacher die Beschwerden.

In westlichen Ländern hat fast jeder vierte Mensch Refluxsymptome, begünstigt durch zunehmendes Übergewicht und den Rückgang der Helicobacter-Infektion, resümiert Professor Dr. Dieter Schilling,­ Medizinische Klinik II, Diakonissen-Krankenhaus Mannheim. Von einer Refluxkrankheit (gastroesophageal reflux disease, GERD) spricht man, wenn der Rückfluss von Magen­inhalt belästigende Symptome und/oder Läsionen verursacht, die Mehrheit der Patienten (60 %) hat keine Erosionen.

Die Therapie der Refluxkrankheit erfolgt nach wie vor primär mit Protonenpumpenhemmern (PPI). Allerdings überschätzten Kollegen deren Wirksamkeit lange Zeit. Eine aktuelle Studie mit Hausarztpatienten mit langjähriger GERD ergab, dass fast die Hälfte trotz PPI-Dauertherapie an mindestens zwei Tagen der Woche unter Refluxsymptomen litt. Jeder Fünfte war mit der Therapie unzufrieden – vor allem wegen der Persistenz von Sodbrennen und Regurgitation.

Erst mal die Adhärenz unter die Lupe nehmen

Bei mangelndem Ansprechen auf PPI empfiehlt Prof. Schilling, zunächst die Compliance zu prüfen. Schließlich nimmt etwa jeder zweite Patient die Tabletten falsch ein (z.B. > 60 Minuten vor der Mahlzeit, vor dem Schlafengehen). Sodann gilt es die Diagnose zu hinterfragen. Möglicherweise sorgt statt der vermuteten GERD z.B. eine eosinophile Ösophagitis oder Gastroparese für Sodbrennen. Auch Patienten mit nicht saurem Reflux oder seltenen GERD-Manifestationen (Husten, Asthma, Heiserkeit) sprechen erfahrungsgemäß kaum auf PPI an. Bei gesicherter Indikation können Präparatewechsel und/oder Dosiserhöhung den Therapieerfolg steigern.

Falls diese Maßnahmen nicht zum Ziel führen, rät Prof. Schilling zur Ergänzung der Medikation. H2-Rezeptorantagonisten kommen schon länger als Säurehemmer zum Einsatz, ihre Tachyphylaxie steht jedoch einer Dauertherapie entgegen. Als gut verträgliche und dauerhaft wirksame Alternative ist die zusätzliche Gabe von Alginat möglich. Das aus Meeres­algen gewonnene Medikament nutzt mit dem Prinzip der sog. Säuretasche (acid pocket) einen neuen Therapieansatz. Nach der Nahrungsaufnahme bildet der Magen zum Ausgleich des steigenden pH-Werts Säure nach, die von oben auf den Speise­brei tropft. Auf diese Säuretasche legt sich wie eine Schutzschicht das zähflüssige Alginsäure-Gel und verhindert einen Reflux in die Speiseröhre.

Jeder Zweite trotz Dauertherapie mit PPI symptomatisch

Eine besonders gute Wirkung zeigen Patienten mit postprandialem Sodbrennen ca. 30 bis 40 Minuten nach dem Essen. Der Effekt hält etwa vier Stunden an. In einer Doppelblindstudie erhielten 136 GERD-Patienten mit persistierender Symptomatik trotz vierwöchiger PPI-Therapie als „Add-on“ eine Woche lang entweder eine Alginat-Suspension (4 x 10 ml, d.h. postprandial und zur Nacht) oder Placebo. Die Kardinalsymptome Sodbrennen und Regurgitation reduzierten sich unter dem Algenpräparat stärker als in der Kontrollgruppe, berichtete Prof. Schilling. In einer anderen Untersuchung zeigte sich die Alginat-Suspension bei Patienten mit nicht erosiver Refluxkrankheit (NERD) Omeprazol (20 mg/d) ebenbürtig.

Ein Schrittmacher für den Ösophagussphinkter

Auch eine Primärtherapie mit Alginat kann man durchaus probieren, vor allem bei Patienten mit nicht erosiver Refluxkrankheit. Die Verordnung des frei verkäuflichen Präparats erfolgt am besten auf dem grünen Rezept. Falls eine optimierte medikamentöse Therapie die Beschwerden ebenfalls nicht lindert, kommt eventuell eine minimal invasive Reflux­operation in Betracht. Hierfür gibt es zwei Verfahren: Bei der Sphinktermodulation wird eine Magnetkette um den Schließmuskel gelegt, die den Reflux aufhält, aber den Speisebolus passieren lässt. Bei der Neuromodulation fördert ein Schrittmacher die Sphinktertätigkeit. Beide sind reversibel und weniger aufwendig als die Fundoplikatio, bei der der Hiatus komplett freizupräparieren ist. Entscheidend für den Therapieerfolg ist die richtige Auswahl der Kandidaten, diese sollten sich deshalb in einem interdisziplinären Refluxzentrum vorstellen. 

Vortrag: „PPI bei GERD nicht wirksam, nicht vertragen oder nicht gewünscht – neue Perspektiven, neue Ansätze“, Medical Tribune CME Fortbildung unterstützt durch Reckitt Benckiser

Interesse an CME-Fortbildung mit der Medical Tribune

Einfach per E-Mail melden:
veranstaltung@medical-tribune.de Termine, Themen und Anmeldung unter:
www.medical-tribune.de/fortbildung

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Das zähflüssige Alginsäure-Gel, das aus Algen gewonnen wird, verhindert einen Reflux in die Speiseröhre. Das zähflüssige Alginsäure-Gel, das aus Algen gewonnen wird, verhindert einen Reflux in die Speiseröhre. © fotolia/rdnzl