Therapiekonzepte bei Brustkrebs weiter präzisiert

Birgit-Kristin Pohlmann

In der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) sieht man die HER2-Amplifikation dieser Brustkrebszellen deutlich. In der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) sieht man die HER2-Amplifikation dieser Brustkrebszellen deutlich. © Science Photo Library/Boilershot Photo

Erstmals bieten sich in der Behandlung triple-­negativer Mammakarzinome Checkpoint-Inhibitoren zusätzlich zur Chemotherapie an. Bewirkt bei HR+ Brustkrebs eine neoadjuvante Therapie keine pathologische Komplettremission, kann postneoadjuvant vereinzelt auf einen CDK4/6-Hemmer zurückgegriffen werden.

Unverändert bilden anthrazyklin-/taxanbasierte Regime den Standard für die (neo-)adjuvante Chemotherapie beim HER2- und HER2+ Mammakarzinom. Besteht die Indikation für eine Chemotherapie, ist die neoadjuvante Gabe zu favorisieren. Neu ist, dass die AGO Mammakarzinom den Einsatz von nab-Paclitaxel statt konventionellem Paclitaxel beim HER2- Brustkrebs als valide Option bewertet [+].

In der Behandlung von HER2+ Tumoren hat die Arbeitsgemeinschaft die etablierten anthrazyklinfreien Schemata aufgewertet (++) und damit den anthrazyklinhaltigen Regimen gleichgestellt, erklärte Professor Dr. Ute-­Susann­ Albert, Frauenklinik und Poliklinik der Universitätsklinik Würzburg.

AGO-Empfehlungsgrade
++Diese Untersuchung oder therapeutische Intervention ist für die Patientin von großem Vorteil, kann uneingeschränkt empfohlen werden und sollte durchgeführt werden.
+Diese Untersuchung oder therapeutische Intervention ist für die Patientin von eingeschränktem Vorteil und kann durchgeführt werden.
+/-Diese Untersuchung oder therapeutische Intervention hat bisher keinen Vorteil gezeigt und kann in Einzelfällen durchgeführt werden. Aufgrund der Datenlage kann keine eindeutige Empfehlung ausgesprochen werden.
-Diese Untersuchung oder therapeutische Intervention kann für die Patientin von Nachteil sein und sollte eher nicht durchgeführt werden.
--Diese Untersuchung oder therapeutische Intervention ist von Nachteil und sollte auf jeden Fall vermieden bzw. unterlassen werden.


Doppelplus für Trastuzumab/Pertuzumab bei hohem Risiko

Ihre Entscheidung gründen die Experten auf den Ergebnissen mehrerer klinischer Studien, in denen man zusätzlich zur taxan-/platinbasierten Chemotherapie die doppelte Antikörperblockade mit Trastuzumab/Pertuzumab eingesetzt hatte. Zwischen 60 % und 70 % der Teilnehmerinnen entwickelten so eine pathologische Komplettremission. Die „Doppelplus“-Empfehlung für den neoadjuvanten Einsatz von Trastuzumab/Pertuzumab (2b B ++) hat die AGO Mamma präzisiert und spricht sich speziell bei Hochrisikopatientinnen mit cT2-4 und/oder cN+ für diese Blockade aus.

Beim triple-negativen Mammakarzinom wurde der Empfehlungsgrad für den neoadjuvanten Einsatz von Platinsalzen auf ein hohes Evidenzlevel gestuft (1a A +). Neu hinzu kommt die Möglichkeit, in Einzelfällen Checkpoint-Inhibitoren additiv zur Chemotherapie einzusetzen (1b B +/-) – allerdings mit dem Hinweis, dass die Teilnahme an klinischen Studien erwünscht ist. Die Empfehlung basiert auf der IMpassion031- und der KEYNOTE-­552-Studie, in denen die zusätzliche einjährige neoadjuvante Gabe von Atezolizumab bzw. Pembrolizumab die Rate an pathologischen Komplettremissionen deutlich erhöht hatte (17 Prozentpunkte bzw. 14 Prozentpunkte; p < 0,001).

Die klassische neoadjuvante endokrine Therapie (NET) über vier bis sechs Monate respektive bis zum besten Ansprechen bietet laut den Experten eine Option für Frauen mit inoperablem Tumor sowie für Patientinnen, die eine Chemotherapie ablehnen. Jedoch liegen über prämenopausal Erkrankte bisher nur wenige Daten dazu vor.

Abemaciclib plus endokrine Therapie in Einzelfällen

Von der klassischen NET ist die zwei- bis vierwöchige endokrine Induktion abzugrenzen, die das Gremium neu in ihre Empfehlungen aufgenommen hat. Sie dient dazu, anhand des Ki-67-Verlaufs die endokrine Sensitivität des Tumors vorherzusagen und die Behandlung daran auszurichten (1b B +).

Für die postneoadjuvante Therapie sieht die AGO Mamma bei Patientinnen mit HR+ Brustkrebs, die unter neoadjuvanter Chemotherapie keine pathologische Komplettremission erreicht haben, für den Einzelfall die Gabe des CDK4/6-Inhibitors Abemaciclib mit einer endokrinen Standardtherapie vor (2b B +/-).

Das gilt nicht für Palbociclib (1b B -)! Die Experten berufen sich dabei auf Daten aus monarchE, in der – anders als in entsprechenden Studien mit Palbociclib – zusätzliches Abemaciclib das invasive krankheitsfreie Überleben signifikant verlängerte (92 % vs. 89 %).

In der adjuvanten Behandlung des frühen HER2+ Mammakarzinoms spricht sich die Kommission für die doppelte Antikörperblockade mit Trastuzumab/Pertuzumab bei Patientinnen mit axillärem Lymphknotenbefall aus (++). Diese sei vorzugsweise simultan zum Taxan (1a A ++) oder sequenziell bis zu drei Monate nach der Chemotherapie (1b B +) einzusetzen. Laut den Experten lässt sich die doppelte Antikörperblockade intravenös oder subkutan als Fixkombination verabreichen (1a A ++) und steht erstmals auch simultan zur Bestrahlung als Option zur Verfügung (2b B +).

Experten stufen Gabe von Capecitabin herunter

Eine weitere Neuerung betrifft das sequenzielle dosisdichte Regime mit nab-Paclitaxel (125 mg, acht bis zwölf Zyklen), gefolgt von vier Zyklen Epirubicin/Cyclophosphamid (E90C) alle zwei Wochen. Dies hatte das Gremium in der adjuvanten Situation auf Basis hoher Evidenz als mögliche Option bewertet (1b B +). Laut Prof. Albert sei es v.a. für Frauen mit Allergien gegen konventionelles Paclitaxel interessant. Analog zur neoadjuvanten Situation ist die zusätzliche Gabe von Platin bei triple-negativem Brustkrebs auch adjuvant möglich. Besonders, wenn auf ein Anthrazyklin verzichtet werden muss (1b B +).

Dagegen hat die AGO Mamma den (neo-)adjuvanten Einsatz von Capecitabin zusätzlich zur Standardtherapie für den Einzelfall runtergestuft (1a A +/-). Davon unberührt bleibt postneoadjuvantes Capecitabin bei triple-negativen Tumorpatientinnen, die keine pathologische Komplettremission erreicht haben (1a A +).

Quelle: AGO Mammakarzinom State of the Art Meeting 2021 (virtuell)

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In der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) sieht man die HER2-Amplifikation dieser Brustkrebszellen deutlich. In der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) sieht man die HER2-Amplifikation dieser Brustkrebszellen deutlich. © Science Photo Library/Boilershot Photo