Bei der Wahl des Kontrazeptivums die individuellen Risikofaktoren beachten

Autor: Dr. Alexandra Bischoff

Die „Pille“ erhöht vermutlich das Brustkrebsrisiko, einige andere Karzinome treten seltener auf. Die Spirale gibt kontinuierlich Kupferionen ab, die spermizid wirken. Die „Pille“ erhöht vermutlich das Brustkrebsrisiko, einige andere Karzinome treten seltener auf. Die Spirale gibt kontinuierlich Kupferionen ab, die spermizid wirken. © iStock/wakila; Lalocracio

Ob Minipille, Dreimonatsspritze oder Spirale – alle verhüten effektiv, aber mit unterschiedlichen Nebenwirkungen. Und die reichen vom Herz-Kreislauf-Risiko über Eileiterschwangerschaften bis zur Gewichtszunahme.

Bezieht man die Anwenderin in die Auswahl und Entscheidungsfindung ein, erhöht das die Adhärenz und somit meist auch die Verlässlichkeit der Kontrazeption, schreiben Dr. Rebecca Moffat vom Zentrum für Kinderwunschbehandlung des Universitätsspitals Basel und Kollegen.

Thromboserisiko durch niedrig dosierte „Pille“ verdoppelt

Die WHO bewertet die Effektivität reversibler Verhütungsmethoden anhand ihres Pearl-Index, d.h. der Wahrscheinlichkeit einer ungeplanten Schwangerschaft im ersten Jahr unter Anwendung. Einen niedrigen Index haben:

  • Kombinierte hormonelle Kontrazeptiva (Pille, Pflaster, Ring)
  • Gestagenpille (Minipille)
  • Gestagenimplantat
  • Depotgestagene (Dreimonatsspritze)
  • Kupferspirale
  • Hormonspirale

Zusätzlich sollte bei der Kontrazeptionsberatung immer auch das Nebenwirkungsprofil bzw. die individuellen Risikofaktoren der Patientin besprochen werden.

Kombinierte hormonelle Kontrazeptiva

Kombinationspräparate aus Ethinylestradiol und Gestagen steigern das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse. Die Inzidenz venöser thromboembolischer Erkrankungen verdoppelt sich bereits bei einer niedrig dosierten „Pille“ (< 50 mg EE) auf 5,5–10 pro 10 000 Frauenjahre. Das Risiko ist insbesondere bei Erstanwenderinnen sowie im ersten Anwendungsjahr (erste 3 Monate) erhöht, geht aber drei Monate nach Absetzen auf das urspüngliche Level zurück. Dennoch sollte man bei positiver Familienanamnese eine Thrombophilie ausschließen.

Die Kupferspirale gilt als effektivste Hormonalternative

Gestagene der zweiten Generation mit androgener Wirkung (z.B. Levonorgestrel) schwächen den prokoagulatorische Effekt von Ethinylestradiol offenbar am stärks­ten, weshalb diese Präparate in dieser Hinsicht besser erscheinen als die erste und dritte Generation. Dennoch ist die Studienlage widersprüchlich, weswegen gesunde junge Frauen ohne Risikofaktoren nicht zwanghaft ein Präparat der zweiten Generation erhalten müssen, kommentieren die Autoren und berufen sich auf die schweizerische Fachgesellschaft. Reine Gestagenpräparate beeinflussen das Thromboembolierisiko übrigens nicht.

Das Risiko, an einem kolorektalen Karzinom, einem Endometrium- oder Ovarialkarzinom zu erkranken, lässt sich laut einer britischen Langzeitstudie durch die „Pille“ sogar reduzieren. Selbst nach Absetzen hielt der Schutzeffekt offenbar über 30 Jahre an. Das Thema „Pille“ und Brustkrebsrisiko wird dagegen kontrovers diskutiert, dennoch ist eine leichte Risikoerhöhung im Vergleich zu Frauen, die nie eine Anti-Baby-Pille genommen haben, wahrscheinlich. Das absolute Risiko lag in Untersuchungen allerdings bei einem Fall auf knapp 8000 Anwenderinnen. Ob das Ergebnis auch auf niedrig dosierte Präparate, Gestagenpille oder Hormonspirale übertragen werden kann, bleibt unklar.

Intrauterine Kontrazeption

Die T-förmige Kupferspirale mit mindestens 380 mm Kupfer gilt als effektivste Hormonalternative, da sie seltener ausgestoßen wird, als die im Myometrium befestigte, rahmenlose Kupferkette und der unbefestigte intrauterine Kupferball. Mit levonorgestrelhaltigen Systemen erreicht man zusätzlich zur spermiziden Wirkung der Kuperionen eine Atrophisierung des Endometriums und eine Verdickung des Zervikalschleins, schreiben die Experten. Die kleinen Spiralen (28 x 30 mm) enthalten entweder 13,5 mg oder 19,5 mg des Hormons und wirken 3 bzw. 5 Jahre.

Depotgestagene können dicke Jugendliche dicker machen

Die Größeren (32x32 mm) enthalten 52 mg und halten ebenfalls 5 Jahre. Vorteil der Hormonspirale ist die Linderung von endometriose-assoziierter Dysmenorrhoe sowie ein geringerer Blutverlust bei Hypermenorrhoe. Tritt bei liegender Spriale dennoch eine Gravidität ein, erhöht sich das Risiko einer Eileiter-Schwangerschaft.

Verhütung Ü40

Frauen über 40 Jahre sollten besonders Beachtung finden, da sie häufig den Sinkflug ihrer Fertilität überschätzen und ungewollt schwanger werden. Viele nehmen zwar die Pille, wünschen sich jedoch laut einer Umfrage mehr Aufklärung über Langzeitmethoden. Da auch das Risiko für Begleiterscheinungen der oralen Kontrazeptiva ab 40 zunimmt, sind Alternativen wie Gestagenpille, Hormon- bzw. Kupferspirale, Gestagenimplantat oder die Dreimonatsspritze durchaus zu erwägen. Für manche Patientinnen bzw. deren Partner kann auch eine Sterilisation infrage kommen.

Hormonimplantat und Injektion

Gestagenimplantate (Etonogestrel) und die Dreimonatsspritze (Medroxyprogesteronacetat) sind effiziente Langzeitverhütungsmethoden, die das Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen kaum beeinflussen. Mit Implantat kommt es in der Regel zu selteneren (unregelmäßigeren) Blutungen und einer Reduzierung der begleitenden Schmerzen. Bei einigen Anwenderinnen bleiben sie auch ganz aus. Depotgestagene bewirken häufig eine Amenorrhö, weshalb sie sich zur Behandlung von Schmerzen bei Endometriose eignen. Allerdings kann es zu einer leichten – aber reversiblen – Verringerung der Knochendichte kommen. Dennoch sollte auf eine ausreichende Kalzium- und Vitamin-D-Versorgung und ausreichende Bewegung geachtet werden. Bei adipösen Jugendlichen ist Letztere besonders wichtig, da sich bei ihnen das Risiko für eine Gewichtszunahme erhöht.

Quelle: Moffat R et al. Swiss Med Forum 2019; 19: 286-291