Orale Kontrazeptiva: Übergewicht und Wechselwirkungen vermindern Wirksamkeit der Pille

Autor: Dr. Elke Ruchalla

Eigentlich ist die Pille ein sicheres Verhütungsmittel. Aber eben nur eigentlich. Eigentlich ist die Pille ein sicheres Verhütungsmittel. Aber eben nur eigentlich. © MarkusL – stock.adobe.com

Es gibt eine Reihe von Medikamenten, die den Abbau der Wirkstoffe oraler Kontrazeptiva beschleunigen. Das kann zu einer ungewollten Schwangerschaft führen. Auch bei Adipositas ist die Wirksamkeit der Verhütungspille vermindert.

Ob Beschwerden wie Diarrhö und Erbrechen oder Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten: Werden die Wirkstoffe hormoneller Antikonzeptiva im Darm unzureichend resorbiert, droht eine ungewollte Schwangerschaft. Dies kann z.B. unter Metoclopramid und Laxanzien der Fall sein. Ein weiterer kritischer Punkt: In erster Linie verstoffwechseln die Enzyme des Cytochrom-P450-Systems (CYP) in der Leber Antikonzeptiva.

Wenn andere Substanzen diese Enzyme hingegen induzieren, also übereifrig arbeiten lassen, bauen die Proteine die Hormone schneller ab als üblich – mit möglichen fatalen Folgen. Die Pille wirkt nicht mehr ausreichend, warnen die Autoren der aktuellen Leitlinie Hormonelle Empfängnisverhütung. Bekannte potente Enzym­induktoren sind:

  • Antiepileptika wie Carbamazepin, Phenobarbital und Phenytoin,
  • die Antibiotika Rifabutin und Rifampicin sowie
  • antiretrovirale Medikamente bei HIV-Infektionen, vor allem der Protease-Inhibitor Ritonavir und die nicht-nukleosidalen Reverse-Transkriptase-Inhibitoren Efavirenz und Nevirapin.

Auf diese Medikamente hat die Pille kritischen Einfluss

  • Antiepileptika
  • Antihypertensiva
  • Antidiabetika
  • Diuretika
  • Schilddrüsenhormone
  • Antipilzmedikamente
  • Anxiolytika/Hypnotika
  • Bronchodilatatoren
  • Dopaminergika
  • Immunsuppressiva
  • Muskelrelaxanzien
  • kaliumsparende Diuretika, Aldosteronantagonisten
  • Retinoide
  • Triptane

Weniger starke, aber immer noch riskante Induktoren sind Präparate auf Johanniskraut-Basis. Cave: Für viele sind sie „ganz natürliches“ Mittel gegen leichte depressive Verstimmungen – und da sie frei verkäuflich sind, wissen Kollegen oft gar nichts von der Einnahme. Ein expliziter Hinweis empfiehlt sich also. Die Wirkung von Langzeitpräparaten wie der Drei­monatsspritze oder der „Minipille“ bleibt trotz Enzyminduktion hingegen bestehen. Sogar Ulipristalacetat, die „Pille danach“, senkt im Folgezyklus die Wirksamkeit progesteronhaltiger Antikonzeptiva. Enzym­induktoren wie oben beschrieben oder Übergewicht können wiederum die Wirksamkeit der Notfallverhütung mindern. Spätestens ab einem BMI von 30 kg/m² empfehlen die Fachleute deshalb als Notfallantikonzeption eine Kupferspirale (Evidenzgrad 1-B). Auch die alltägliche Antikonzeption scheint unter zu vielen Kilos zu leiden. So sind Forscher geteilter Meinung, ob hormonelle Antikonzeptiva bei Adipositas greifen. Leicht Übergewichtige scheinen sie ebenso zu schützen wie Normalgewichtige (Evidenzgrad 2-A). Die Betonung liegt allerdings auf „leicht“: Ab einem BMI von 35 kg/m²­ eignen sich ebenfalls Spirale oder andere Varianten besser.

Nach Magenverkleinerung nicht oral verhüten

Vorsicht gilt auch nach Roux-Y-Anastomosen. Der bariatrische Eingriff reduziert nicht nur das Körpergewicht, sondern ebenfalls die Resorption von Medikamenten – und das gilt auch für die Pille. In dem Fall greift frau in den zwei Jahren danach besser zu anderen Verhütungsmethoden, insbesondere weil sich in diesem Zeitraum Schwangerschaftskomplikationen häufen.

Quelle: S3-Leitlinie Hormonelle Empfängnisverhütung, AWMF-Register-Nr. 015/015