Karotisstenose
Karotisstenosen sind in der Regel durch arteriosklerotische Veränderungen der A. carotis bedingt, die zumeist bei Ultraschalluntersuchungen der Halsschlagarterie festgestellt werden.
Eine Karotisstenose ≥ 50 % findet man bei ca. 4 % der Erwachsenen, ab dem 65. Lebensjahr steigt die Prävalenz deutlich an (6–15 %). Ein rein durch die Stenose bedingte zerebrale Ischämie liegt dagegen relativ selten vor – meist werden Ischämien durch Plaque- und/oder Thromboembolien verursacht.
Bei klinisch asymptomatischen Stenosen ≥ 50 % liegt das Risiko für einen Karotis-bedingten Schlaganfall bei 1–2 % pro Jahr, bei bereits stattgefundenen Schlaganfällen oder TIAs ist das Risiko deutlich höher. Man geht davon aus, dass etwa 15 % aller zerebralen Ischämien durch Stenosen oder Verschlüsse der extrakraniellen A. carotis bedingt sind.
Die wichtigsten Risikofaktoren sind aktueller Nikotinkonsum, höheres Lebensalter, männliches Geschlecht und Gefäßerkrankungen in der Vorgeschichte.
Karotisstenosen sind häufig asymptomatisch.
Von symptomatischen Karotisstenosen wird gesprochen, wenn es innerhalb der letzten sechs Monate zu einem ipsilateralen ischämischen Schlaganfall, einer transitorischen ischämischen Attacke (TIA) oder retinalen Ischämien gekommen ist. Auch der Nachweis einer klinisch stummen frischen Ischämie in der Bildgebung wird als symptomatisch gewertet.
Bei der Auskultation der Carotiden sind evtl. Strömungsgeräusche zu hören – die Untersuchung wird aber nicht zur Detektion einer Karotisstenose empfohlen.
Ein allgemeines Screening auf Karotisstenosen wird nicht empfohlen – bei vaskulären Risikofaktoren und/oder anderen arteriosklerotischen Gefäßerkrankungen kann die Untersuchung aber sinnvoll sein, wenn sich daraus therapeutische Konsequenzen ergeben würden.
Diagnostische Methode der ersten Wahl ist die farbcodierte Dopplersonographie (DUS). Ist die Aussagekraft der Ultraschalluntersuchung eingeschränkt, kommen als Zusatzuntersuchungen eine CT- oder MRT-Angiographie in Frage. Vor einer geplanten Karotis-Stentangioplastie (CSA) müssen diese bildgebenden Verfahren immer zusätzlich durchgeführt werden.
Eine diagnostische digitale Subtraktionsangiographie (DSA) der A. carotis sollte nicht routinemäßig, sondern nur bei bestimmten Fragestellungen erfolgen.
Die Graduierung von Karotisstenosen sollte anhand spezieller Ultraschall-Kriterien erfolgen (NASCET-Definition) und alle Patienten müssen klinisch neurologisch untersucht werden. Außerdem sollten kardiovaskuläre Risikofaktoren und der allgemein Gefäßstatus erfasst werden.
Vor einer geplanten Revaskularisation der A. carotis muss bei symptomatischen Patienten eine Bildgebung des Hirnparenchyms erfolgen. Auch bei asymptomatischen Patienten kann die Parenchymbildgebung wichtige Zusatzinformationen liefern.
Die wichtigste Differenzialdiagnose sind Schlaganfälle und TIAs anderer Genese (z.B. embolisch bei Vorhofflimmern, hämorrhagische Schlaganfälle).
Allgemeinmaßnahmen:
Allen Patienten mit Karotisstenose sollten eine gesunde Mischkost, körperliche Bewegung und ein Rauchstopp empfohlen werden.
Medikamentöse Therapie:
Patienten mit > 50%iger Stenose sollten (bei geringem Blutungsrisiko) ASS und ein Statin zur risikoadaptierten LDL-Absenkung einnehmen. Hypertonie und Diabetes müssen leitliniengerecht behandelt werden.
Patienten mit einer asymptomatischen Karotisstenose < 60 % sollten grundsätzlich konservativ behandelt werden, da sie von einer invasiven Therapie nicht profitieren. Das gleiche gilt für Patienten mit einer symptomatischen Karotisstenose < 50 %.
Asymptomatische Karotisstenose
- Bei Vorliegen einer 60–99%igen asymptomatischen Karotisstenose kann eine Carotis-Endarteriektomie (CEA) erwogen werden, wenn kein erhöhtes OP-Risiko besteht und wenn ein oder mehrere klinische oder bildgebende Befunde vorliegen, die mit einem erhöhten Risiko eines karotisbedingten Schlaganfalls assoziiert sind.
- Alternativ kommt in diesen Fällen auch eine Carotis-Stentangioplastie (CSA) in Frage, wenn der Eingriff nicht mit einem erhöhten Risiko einhergeht.
- Grundsätzlich sollte bei asymptomatischen Stenose die Letalität und Schlaganfallrate durch den Eingriff so niedrig wie möglich sein (nicht über 2 %).
Symptomatische Karotisstenose
- Bei Patienten mit einer 70–99%igen Stenose nach retinaler Ischämie, TIA oder nicht behinderndem Schlaganfall sollte eine CEA durchgeführt werden (möglichst innerhalb von 3 bis 14 Tagen nach dem Indexereignis).
- Bei Patienten mit einer symptomatischen Stenose von 50 bis 69 % kann auch eine CEA erfolgen, wenn kein erhöhtes OP-Risiko vorliegt (alternativ auch eine CSA).
- Patienten mit behinderndem Schlaganfall (mRS >2) können ebenfalls mittels CEA oder CAS behandelt werden, wenn ein sekundärprophylaktischer Nutzen in Bezug auf eine neurologische Verschlechterung zu erwarten ist (bei neurologisch stabilen Patienten).
- Bei Patienten mit Pseudookklusionen und rezidivierenden Symptomen unter bestmöglicher medikamentöser Therapie kann eine CEA oder CAS erwogen werden.
Nach CEA oder CAS liegt die Mortalität zwischen 2 und 5 % innerhalb des ersten Jahres. Hinsichtlich der Langzeitmortalität finden sich keine Unterschiede zwischen CEA und CAS.
Drei Tage vor und mindestens über einen Monat nach einer CAS sollte eine duale Plättchenhemmung mit ASS plus Clopidogrel erfolgen.
Zur Prävention von Karotisstenosen kann alles empfohlen werden, was einer Arteriosklerose vorbeugt. Dazu gehören
- gesunde Ernährung
- ausreichende körperliche Bewegung
- Halten von Normalgewicht
- Verzicht auf Rauchen
- gute Einstellung von Erkrankungen wie Hypertonus, Diabetes und Dyslipidämie
Bei Patienten mit akutem Schlaganfall und embolischem Verschluss einer großen intrakraniellen Arterie auf dem Boden einer extrakraniellen Karotisstenose oder eines Karotisverschlusses sollten ohne Verzögerung eine endovaskuläre Revaskularisierung durchgeführt werden.
S3-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge der extracraniellen Carotisstenose
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