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Asthma: Jeder Kortisonstoß ist einer zu viel

Systemische Steroide (SCS) sind hochwirksam, wenn es um die Beendigung von akuten Asthmasymptomen und Exazerbationen geht. Sie haben ihren Platz zweifellos dort, wo schwere Attacken zu bekämpfen sind, konzedieren Professor Dr. David Price, Chef des Observational and Pragmatic Research Institute in Singapur, und seine Kollegen. Auch die Global Initiative for Asthma, kurz GINA, empfiehlt, Asthmapatienten innerhalb einer Stunde ein SCS zu geben, wenn sie mit schwerer akuter Exazerbation in der Notaufnahme aufschlagen. Dann sollte die Behandlung weitere fünf bis sieben Tage fortgeführt werden. „So sieht ein adäquater SCS-Einsatz aus“, kommentieren die Autoren.
Hoch dosierte ICS können systemisch wirken
Problematisch wird es, wenn Patienten die Steroide als Notfallmedikation zur Selbstapplikation daheim horten und keinen Therapieplan haben, der ihnen detailliert vorgibt, wann und wie sie anzuwenden sind. Dann werden häufig auch andere Erkrankungen wie Heuschnupfen oder Urtikaria damit behandelt, bei denen der Einsatz nur ausnahmsweise indiziert ist. In manchen Ländern sind SCS rezeptfrei in Apotheken erhältlich, was dem Übergebrauch Tür und Tor öffnet. Erschwerend kommt hinzu, dass auch inhalative Steroide (ICS) systemische Effekte erzeugen, wenn sie in hoher Dosis angewandt werden (s. Kasten).
Oben drauf statt gespart
Quelle: Maijers I et al. ERJ 2020; 55: 1901147; DOI: 10.1183/13993003.01147-2019
Verschreibungen mit sieben Strategien minimieren
„In der medizinischen Gemeinschaft scheint die Vorstellung zu herrschen, dass die Kurzzeitanwendung von SCS sicher ist, wenn sie intermittierend erfolgt“, meinen Prof. Price und Kollegen. Aber das ist ein Trugschluss: Kurze Kortisonstöße können à la longue dieselben Nebenwirkungen verursachen wie eine Dauertherapie. In einer Kohortenstudie zeigten sich unter Patienten, die binnen 18 Monaten mindestens zweimal ein SCS-Rezept erhalten hatten, gehäuft und dosisabhängig die Gesundheitsprobleme Diabetes, Osteoporose und Frakturen, Herzinfarkte, Nierenprobleme, Gewichtszunahme – um nur einige zu nennen. Daher rät das Team um Prof. Price anderen Ärzten, das Bewusstsein für die Risiken schon bei kurzen und niedrig dosierten systemischen Kortisontherapien zu schärfen. Leichte Exazerbationen sind kein Fall für SCS! Das Warnlicht sollte bei einer kumulativen Dosis von 1 g systemischer Steroide pro Jahr aufleuchten. Dabei ist zu beachten, das Asthmapatienten möglicherweise auch aus anderer Indikation ein SCS erhalten – die kumulative Schwelle von 1 g/Jahr sollte für alle zusammen im Auge behalten werden. Die Autoren schlagen sieben Strategien vor, um SCS-Verschreibungen auf ein Minimum zu reduzieren:- ICS/Formoterol-Kombinationen als Bedarfsmedikation fürs leichte Asthma – so lassen sich Exazerbationen reduzieren
- Risikofaktoren besser kontrollieren
- Add-on-Therapien früher starten, etwa mit langwirksamen Anticholinergika
- Adhärenz und Inhalationstechnik fördern
- bei Exazerbation: ICS-Dosis erhöhen
- Biologika bei geeigneten Patienten verordnen
- neue Therapien entwickeln, die Asthma besser kontrollieren und steroidpflichtige Exazerbationen verhindern
Quelle: Price D et al. Eur Respir Rev 2020; 29: 190151; DOI: 10.1183/16000617.0151-2019
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