Betablocker nach Herzinfarkt: Therapieempfehlung basiert auf verzerrten Studienergebnissen

Dr. Elke Ruchalla

Betablocker scheinen doch nicht so wirksam zu sein, wie bisher gedacht. Betablocker scheinen doch nicht so wirksam zu sein, wie bisher gedacht. © iStock.com/solidcolours

Seit Jahren gilt die Therapie mit einem Betablocker nach Myokardinfarkt als unverzichtbar. Dabei profitieren die Betroffenen offenbar gar nicht von den Präparaten.

Vor allem geht die Evidenz hinter der routinemäßigen Gabe von einem Betablocker zur Sekundärprävention nach Myokardinfarkt auf Studien der frühen 1980er-Jahre zurück. Aktuellere Arbeiten stellen den Nutzen jedoch zunehmend infrage. Jedenfalls bei Patienten mit erhaltener Ventrikelfunktion. Genauer wollten es auch Magnus­ Dahl Aarvik­ vom Institute of Clinical Sciences der Universität Oslo und seine Kollegen wissen. Sie erstellten eine Metaanalyse aus 16 Beobachtungsstudien der vergangenen 20 Jahre.

Patienten leben nicht länger, wenn sie Betablocker schlucken

Etwa 90 % der mehr als 189 000 Patienten (mittleres Alter 65 Jahre) waren nach ihrem Herzinfarkt mit einem Betablocker behandelt worden. Für die Gesamtgruppe zeigte sich zunächst, dass die Therapie mit dem Antagonisten mit einer 26 % geringeren Mortalität einherging. In den median drei Jahren der Nachbeob­achtung starben somit signifikant mehr Patienten, die keinen Betablocker nach Herzinfarkt erhalten hatten. Anschließend schauten sich die Forscher die einzelnen Studien genauer an und identifizierten zwei Verzerrungseffekte:

  • Studien mit positiven Ergebnissen wurden eher veröffentlicht als Arbeiten ohne signifikantes bzw. intendiertes Ergebnis (Publication bias)
  • Es flossen überwiegend Studien mit geringen Teilnehmerzahlen ein.

Als die Kollegen ihr primäres Ergebnis um diese Effekte statistisch korrigierten, verschwand der Vorteil durch die Betablocker. Patienten unter der Therapie lebten nicht länger als diejenigen, die kein Medikament aus dieser Wirkstoffklasse einnahmen.

Auch für verschiedene vorab festgelegte Subgruppen fanden die Forscher keinen Nutzen. Dazu gehörten etwa die Art des Infarkts (mit bzw. ohne ST-Strecken-Hebung), Durchführung einer perkutanen koronaren Intervention (alle versus manche Patienten) oder eine unterschiedlich lange Nachbeobachtungszeit. Dagegen war das Alter der Teilnehmer von wesentlichem Einfluss: Je älter sie im Durchschnitt waren, desto weniger beeinflussten die Blocker das Sterberisiko. Dieser Effekt erklärte nahezu ein Drittel der beachtlichen Heterogenität zwischen den Studien­ergebnissen.

Quelle: Dahl Aarvik M et al. Eur Heart J Cardiovasc Pharmacother 2019; 5: 12-20

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Betablocker scheinen doch nicht so wirksam zu sein, wie bisher gedacht. Betablocker scheinen doch nicht so wirksam zu sein, wie bisher gedacht. © iStock.com/solidcolours