CGM-Systeme: Grundsätzliche Erkenntnisse zur glykämischen Kontrolle möglich

Autor: Dr. Andreas Thomas

Lassen sich Rückschlüsse auf die Diabetesprognose aus CGM-Daten ziehen? Lassen sich Rückschlüsse auf die Diabetesprognose aus CGM-Daten ziehen? © iStock.com/Click_and_Photo

Neue, beim EASD vorgestellte Studien verdeutlichen: Mithilfe kontinuierlicher Glukosemessung lassen sich allgemeingültige Aussagen über die gly­k­ämische Regulation und deren Parameter finden.

Generell gibt es nur wenige Arbeiten zu interstitiellen Glukosewerten bei stoffwechselgesunden Personen, die mit Systemen zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM) erhoben wurden. Auf dem EASD wurde nun von Dr. Roy Beck, Jaeb Center for Health Research, Tampa, eine multizentrische Studie vorgestellt, in der 151 Kinder und Erwachsene untersucht wurden (67 % weiblich; 7 bis 80 Jahre; mittlerer HbA1c: 5,1 %; mittlerer BMI bei Teilnehmern ≥ 18 Jahre: 24 kg/m2). Die CGM-Profile über mindestens 72 Stunden wurden mit einem verblindeten CGM-System gemessen (Dexcom G6®). Die Teilnehmer führten täglich Protokoll über Mahlzeiten, Schlaf und Bewegung. Zur Analyse wurden fünf Alterskohorten definiert und getrennt betrachtet (siehe Tabelle).

Es zeigte sich eine Konsistenz im Glukoseniveau über alle Altersgruppen, ausgenommen bei Teilnehmern über 60 Jahre. Die maximale postprandiale Glukose betrug 129 mg/dl ohne wesentliche Unterschiede zwischen den Altersgruppen. Sensorglukosespiegel über 120 und unter 70 mg/dl waren in allen Altersgruppen nicht ungewöhnlich. Werte über 180 mg/dl wurden sehr selten beobachtet, außer bei Teilnehmern, die 60 Jahre oder älter waren. Das korrelierte mit der leicht erhöhten mittleren Glukosekonzentration bei diesen Probanden. Dr. Philippe Oriot, Universitätsklinik Saint-Luc, Brüssel, präsentierte eine Studie zur Abschätzung des HbA1c-Wertes aus CGM-Daten. Dafür akzeptiert ist eine Beziehung aus der ADAG-Studie von 2008: geschätzter HbA1c (%) = (mittlere Glukose [mg/dl] + 46,7)/28,7. Allerdings verbesserte sich seitdem die Genauigkeit von CGM-Messungen, sodass diese mit neuen Systemen überprüft und ggf. modifiziert werden sollte. Das erfolgte in der vorgestellten Untersuchung unter Verwendung eines intermittierend scannenden CGM-Systems (iscCGM; FreeStyle Libre, Abbott). Hierzu muss eine ausreichende Anzahl an Scans zur Sicherung der Wertekonsistenz erfolgen. Festgestellt wurde der durchschnittliche interstitielle Glukosewert. Daraus wurde der HbA1c-Wert abgeschätzt und mit dem im Labor gemessenen HbA1c-Wert verglichen. Das erfolgte bei insgesamt 153 Patienten mit Typ-1-Diabetes (Alter 55 ± 14 Jahre, Diabetesdauer 22 ± 12 Jahre, HbA1c 7,8 ± 0,6 %, BMI 27 ± 5 kg/m2) in zwei Perioden über jeweils drei Monate. Die Daten beider Zeiträume wurden verglichen und die bestmögliche Korrelation bestimmt. Als modifizierte Beziehung ergab sich: geschätzter HbA1c (%) = 0,438 × mittlere Glukose [mmol/l] + 3,348.

Datensatz von über 500 Erwachsenen

Aus der CGM-Technologie ergibt sich ebenfalls die Frage nach der Korrelation diverser Parameter mit dem HbA1c-Wert. Dahinter verbirgt sich der Wunsch, aus CGM-Messungen Rückschlüsse auf die Entwicklung diabetischer Folgeerkrankungen bzw. auf die Diabetesprognose zu ziehen. Hierzu stellte Tomas Walker, Dexcom, Inc., San Diego, eine Untersuchung vor, in der die CGM- und HbA1c-Daten aus vier Studien mit rt bzw. iscCGM analysiert wurden:
  • DIAMOND-Studie Phase I (104 Patienten mit rtCGM) und DIAMOND-Studie Phase II (inkl. 69 Patienten aus DIAMOND-Phase I)
  • REPLACE-Studie (216 Patienten mit iscCGM)
  • HypoDE (141 Patienten mit rtCGM)
Insgesamt ergab dies einen Datensatz von 530 Erwachsenen mit Diabetes (455 mit T1D und 75 mit T2D). Die Studien dauerten mindestens 24 Wochen und verwendeten CGM-Systeme der aktuellen Generation des Herstellers (Dexcom, Inc.). Aus den Glukosewerten wurde der Anteil der Zeit im Zielbereich (TiR; 70–120 mg/dl) ermittelt und sechs Gruppen zugeordnet, die nach HbA1c-Werten unterteilt waren. Dies erfolgte auch für die tiefen und hohen Glukosebereiche.

Nicht unerwartet zeigte sich, dass die TiR bei niedrigerem HbA1c zunahm. Gleichzeitig verringerte sich die Zeit pro Tag im erhöhten Glukosebereich. Dagegen erhöhte sich die Zeit im hypo­glykämischen Bereich bei geringerem HbA1c. Bei Patienten mit HbA1c-Werten < 7,0 % betrug die mittlere TiR 72 %, wobei 90 % der Probanden eine TiR von > 57 % hatten.

Schwache Korrelation zwischen TiR und HbA1c

Erwartungsgemäß verringerte sich die mittlere TiR bei Patienten mit einem HbA1c ≥ 8,0 % auf 44 %, von denen 90 % eine TiR von < 59 % hatten. Umgekehrt wiesen bei einer TiR > 60 % nur 2,7 % einen HbA1c > 8,0 % auf. Diese Tendenz zeigten auch die Probanden mit TiR > 70 %, von denen 0,7 % einen HbA1c von > 8,0 % und 75,4 % von < 7,0 % hatten. Grundsätzlich zeigt diese Divergenz, dass von der TiR zwar tendenziell auf den HbA1c geschlossen werden kann, die Korrelation aber schwach ist. Jedoch lässt dies Schlussfolgerungen für die Festlegung einer TiR als ­Therapieziel bei bekanntem HbA1c-Wert zu.

Quelle: 54th Annual Meeting of the EASD