Soor
Soor ist ein Sammelbegriff für alle Erkrankungen, die durch Pilze der Gattung Candida verursacht werden. Zu rund 90 % wird Soor beim Menschen durch Candida albicans („weißer Hefepilz“) verursacht, seltener sind Vertreter wie Candida tropicalis oder Candida krusei.
Bei den meisten Menschen ist C. albicans in niedrigen Keimzahlen in der Mund- und Darmflora nachweisbar, ohne dass dies Symptome macht und einen Krankheitswert hat. Wird das Immunsystem unterdrückt, oder liegen ungünstige lokale Bedingungen (z.B. Epidermisschädigung, Schleimhautschäden durch Prothesen) vor, können sich die Hefepilze vermehren und es kommt zu Candida-Infektionen („very old, very young, very sick“). Auch Stoffwechselstörungen wie Diabetes mellitus und vorangegangene Antibiotika-Therapien können die Infektion begünstigen.
Es können die unterschiedlichsten Körperregionen betroffen sein:
- Oropharyngeale Candidose („Mundsoor“)
- Candida-Ösophagitis
- Vulvo-vaginale Candidose („Scheidenpilz“)
- Infektionen von Haut und Nägeln
- Windelbereich bei Säuglingen, Kleinkindern und inkontinenten Pflegebedürftigen („Windeldermatitis“)
Besonders gefürchtet ist die systemischen Candidose, die vor allem bei Immunsuppression und Patienten mit schweren Erkrankungen auftritt.
Mundsoor:
Akute pseudomembranöse Candida-Infektion:
- leicht abwischbare weißliche Beläge an Wange, Gaumen und (seltener) Zunge auf rötlichem Grund
- v.a. bei Immundefizienz (Säuglinge, Kleinkinder, Malignome, HIV)
- evtl. Symptome wie Gefühl der „Pelzigkeit“, Mundtrockenheit, vermehrter Durst, Geschmacksstörungen (evtl. metallischer Geschmack), Mundgeruch, brennendes Gefühl auf der Mundschleimhaut
- oft auch unter schlecht sitzenden Zahnprothesen
- Ausbreitung in Rachen und Speiseröhre möglich
Chronische Hyperplastische Candida-Infektion („Candida-Leukoplakie“)
- kann bei längerem Bestehen aus der akuten Form hervorgehen
- persistierende weiße Plaques, die sich deutlich schwerer abwischen lassen
- vor allem bei Störungen des Immunsystems
- kann oft über Monate und Jahre bestehen bleiben
Erythematöse orale Candidose
- auch chronisch atrophe Candidose oder Prothesen-Stomatitis genannt
- glänzend-rote erythematöse Schleimhaut ohne weiße Flecken
- häufig an Kontaktstellen von Prothesen
- als akute Form in Zusammenhang mit Antibiotika-Therapien
Kutane Candidose
- meist im feucht-warmen Milieu von Hautfalten (intertriginöse Candidose)
- initial Papulopusteln auf mazerierter Haut, dann rasche Entstehung von großflächigen düsterroten, teils nässenden Plaques mit randständiger Schuppung
- in der Umgebung Satelliten-Pusteln
- kann erstes Zeichen eines noch nicht diagnostizierten Diabetes sein
Windeldermatitis
- wie kutane Candidose
- nach Irritation durch Ausscheidungen im Windelbereich
- meist Candida-Superinfektion ekzematöser Hauterscheinungen
Candida-Onychomykose
- knotig aufgeworfene proximale Nagelplatte
- häufig ausgehend von Candida-Infektionen der Nagelfalz
Genitale Candidose
- Manifestation als akute Vulvovaginitis der Frau oder (selten) akute Balanitis des Mannes
- bei Vulvovaginitis intensiver Pruritus in Verbindung mit geruchlosem bröckelig-weißem Ausfluss und fleckigen Rötungen mit abwischbaren weißen Auflagerungen der Genitalschleimhaut
- Männer sind oft asymptomatische Keimträger oder selbstlimitierende Rötungen mit weißlichen Belegen an Glans und Präputium
Systemische Candidose
- Verdacht bei Neutropenie, kutaner Candidose in mindestens zwei Lokalisationen und Fieber unbekannter Ursache
- erst bei ausgeprägter zellulärer Abwehrschwäche (Immunsuppression)
- Candida-Sepsis und Organbeteiligung (Nieren, ZNS, Augen, Lunge, Leber, Milz) mit sehr hoher Mortalität
Bei der Untersuchung zeigen sich die typischen Manifestationen an Haut und Schleimhäuten.
Nach der Materialgewinnung (mittels Feuchtabstrich) erfolgt die mikroskopische Speziesdifferenzierung und kulturelle Anzucht (Kolonien schon nach 24 Stunden).
Wichtige Differenzialdiagnosen sind u.a.:
- Erythrasma (keine Satellitenpusteln, rote Fluoreszenz im Woodlicht)
- intertriginöses Ekzem (keine weißliche Schuppung)
- Psoriasis inversa
- bei Nagelbetterkrankungen bakterielle Paronychie und Panaritium
- bei Vulvovaginitis bakterielle Vaginose
Lokalbehandlung:
- bei akuten Haut und Schleimhautinfektionen lokale Antimykotika (z.B. Nystatin, Miconazol, Clotrimazol)
- evtl. in Kombination mit topischen Steroiden
- ggf. zusätzlich austrocknende Maßnahmen (Einlage von Leinensäckchen, sorgfältiges Abtrocknen, Verwendung der Antimykotika in Pastenform)
Systemische Behandlung:
- bei ausgeprägten Befunden, chronisch-rezidivierenden Formen oder drohender Systeminfektion
- systemische Antimykotika wie Fluconazol oder Voriconazol
- bei manifester Candidämie oder Organmaifestationen intensivmedinische Betreuung und Antimykotika wie Echinocandine, Amphotericin B, 5-Flucytosin
Zur Prävention kann häufigeres Wickeln und das Trockenhalten von Hautfalten dienen.
Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie e.V. (PEG), Deutschsprachige Mykologische Gesellschaft (DMykG):
Candida-Infektionen, Diagnostik und Therapie
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