Phobien

Definition

Spezifische (oder isolierte) Phobien stellen mit einer 12-Monatsprävalenz von 10,3 % die häufigsten Angststörungen dar. Hierbei beschränkt sich die Phobie auf einzelne, umschriebene Situationen, die sich meistens auf Gegebenheiten der Natur beziehen (z.B. Spinnenphobie, Katzenphobie, Blutphobie, Höhenangst, Flugangst). Menschen mit solchen isolierten Phobien suchen nur selten therapeutische Hilfen, da die Vermeidung der Auslöser meist kein Problem darstellt.

Eine Sonderform ist die Soziale Phobie. Hierbei haben die Patienten Angst vor Situationen, in denen sie im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen. Z.B. haben sie Angst vor dem Sprechen in der Öffentlichkeit, vor Vorgesetzten, Behördengängen, Kontakten mit dem anderen Geschlecht und anderen Situationen. Dabei befürchten sie, sich peinlich oder ungeschickt zu verhalten oder negativ bewertet zu werden.

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Symptomatik

Körperliche Reaktion:

Die Angst bei Konfrontation mit dem Phobie-Auslöser ist stark ausgeprägt, führt zu unangenehmen körperlichen Symptomen (z.B. Herzrasen, Zittern, Atemnot, Übelkeit, Magen-Darm-Beschwerden oder Schwitzen), für die sich keine organischen Ursachen finden. Oft kann schon der Gedanke an den Angstauslöser heftige, unkontrollierbare Angstgefühle auslösen. Die Symptomatik kann sich bis zu dem Vollbild einer Panikattacke steigern.

Unangemessen starke Angst:

Objektiv betrachtet ist die Angst unangemessen – es gibt z.B. keinen sachlichen Grund, sich vor Katzen so sehr zu fürchten. Die Betroffenen wissen das oft, können die Angst aber trotzdem nicht unterdrücken.

Vermeidungsstrategie:

Die angstbesetzte Momente werden von Betroffenen so sehr gefürchtete ("Angst vor ihrer Angst"), dass sie die Auslöser aus ihrem Leben verbannen. Dies kann den Alltag massiv einschränken (z.B. Höhenangst, soziale Phobie).

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Untersuchung

Der Befund der körperlichen Untersuchung ist unauffällig.

Labor

Die Diagnose beruht auf der Anamnese mit Abfragen der typischen Symptome. Als hilfreich haben sich folgende Fragen erwiesen:

Soziale Phobie: Haben Sie Angst in Situationen, in denen Sie befürchten, dass andere Leute negativ über Sie urteilen könnten, Ihr Aussehen kritisieren könnten oder Ihr Verhalten als dumm, peinlich oder ungeschickt ansehen könnten?

Spezifische Phobien: Haben Sie starke Angst vor bestimmten Dingen oder Situationen, wie Insekten, Spinnen, Hunden, Katzen, Naturgewalten (Gewitter, tiefes Wasser), Blut, Verletzungen, Spritzen oder Höhen?

Zum Ausschluss einer organischen Ursache der angstbeozogenen örperlichen Beschwerden sollten wenigstens folgende Untersuchungen durchgeführt werden:

  • Ausführliche Anamnese
  • Körperliche Untersuchung
  • Blutbild, Blutzucker, Elektrolyte (Ca++, K+), Schilddrüsenstatus (TSH)
  • EKG mit Rhythmusstreifen
  • Ggf. Lungenfunktion
  • Ggf. kranielle Bildgebung (MRT, CT)
  • Ggf. EEG
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Differenzialdiagnostik

Ausgeschlossen werden müssen bei ausgeprägten Angstsymptomen internistische und neurologische Erkrankungen, die ähnliche Symptome verursachen könnten. Dazu gehören z.B.:

Lungenerkrankungen (z.B. Asthma bronchiale, chronisch-obstruktive Lungenerkrankung)

  • Herz-Kreislauferkrankungen (Angina pectoris, Myokardinfarkt, Synkopen, Arrhythmien)
  • Neurologische Erkrankungen (komplex-partielle Anfälle, Migräne, Migraine accompagnée, Multiple Sklerose, Tumoren u.a.)
  • Endokrine Störungen (Hypoglykämie, Hyperthyreose, Hyperkaliämie, Hypokalziämie, akute intermittierende Porphyrie, Insulinom, Karzinoid, Phäochromozytom)
  • Weitere Krankheitsbilder (periphere Vestibularisstörung, benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel, u.a.)

Außerdem müssen andere psychische Erkrankungen ausgeschlossen werden, wie

  • andere Angststörungen (Panikstörungen, generalisierte Angststörung)
  • Depressionen
  • somatoforme Störungen
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Pharmakotherapie und nichtinvasive Therapie

Als Indikationen für eine Behandlung gelten ein mittlerer bis schwerer Leidensdruck, psychosoziale Einschränkungen und mögliche Komplikationen der Angsterkrankungen (z.B. Suchterkrankung)

Spezifische Phobien:

Therapie der Wahl ist die Expositionstherapie. Ist eine tatsächliche Exposition nicht durchführbar, kann auch eine virtuelle Realitäts-Exposition angeboten werden. Die Wirksamkeit von Medikamenten konnte bisher bei spezifischen Phobien nicht nachgewiesen werden.

Soziale Phobie:

Grundsätzlich kann Patienten mit sozialer Phobie eine Psycho- oder Pharmatherapie angeboten werden, wobei persönliche Präferenzen (sowie die Verfügbarkeit) hier eine wesentliche Rolle spielen. Hat sich eine Therapieform nicht als ausreichend wirksam erwiesen, kann die jeweils andere (oder auch eine Kombination) angeboten werden.

Pharmakotherapie:

SSRI:

  • Escitalopram (10 – 20 mg/d)
  • Paroxetin (20 – 50 mg/d)
  • Sertralin (50 – 150 mg/d)

SNRI:

  • Venlafaxin (75 – 225 mg/d)

Alternative, wenn diese Medikamente unwirksam waren oder nicht vertragen werden:

  • Moclobemid (300 – 600 mg)

Benzodiazepine sollten nur in gut begründeten Ausnahmefällen (z.B. schwere kardiale Erkrankung, Kontraindikationen für Standardmedikamente, Suizidalität) für einen begrenzten Zeitraum eingesetzt werden.

Um Rückfälle zu vermeiden, sollte die Behandlung nach eingetretener Remission noch mindestens 6–12 Monate weitergeführt werden. Die Dauer kann verlängert werden, wenn ein Absetzversuch zu einem Wiederauftreten der Angstsymptomatik führt, der Krankheitsverlauf besonders schwer war oder wenn sich aus der Anamnese des Patienten Hinweise auf eine lange Behandlungsnotwendigkeit ergeben.

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S3-Leitlinie Behandlung von Angststörungen

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