Schwangerschaftskomplikation mit Langzeitfolgen

Dr. Judith Lorenz

Nicht nur während der Schwangerschaft, sondern auch langfristig hat die Präeklampsie Folgen für die Mutter. Bisher kann lediglich ASS präventiv helfen. Nicht nur während der Schwangerschaft, sondern auch langfristig hat die Präeklampsie Folgen für die Mutter. Bisher kann lediglich ASS präventiv helfen. © Alexe – stock.adobe.com

In bis zu 5 % aller Schwangerschaften kommt es zu einer Präeklampsie. Diese Multisystemerkrankung geht nicht nur mit erheblichen akuten Gefahren für Mutter und Kind einher, sondern prädisponiert langfristig für kardio­vaskuläre, metabolische, renale und neurologische Probleme.

Pathogenetisch liegt der Prä­eklampsie eine gestörte Vaskularisation der Plazenta zugrunde, so Professor Dr. Lucy Chappell vom Kings’ College London. Aus bislang noch unklarer Ursache­ – vermutet werden u.a. immunologische Faktoren ­– unterbleibt der für den optimalen materno-fetalen Blut- und Nährstoffaustausch erforderliche physiologische Umbau des uterinen Gefäßsystems. Die daraus resultierende Plazentaschädigung verursacht einerseits eine Unterversorgung des Kindes. Andererseits induziert sie als Folge der Sekretion von antiangiogenen Faktoren und proinflammatorischen Zytokinen eine systemische Gefäßentzündung und Endotheldysfunktion.

Hoher BMI und höheres Alter als Risikofaktoren

Definitionsgemäß liegt eine Prä­eklampsie vor, wenn neben einer Gestationshypertonie (systolischer Blutdruck ≥ 140 und/oder diastolischer Blutdruck ≥ 90 mmHg) zu Beginn der 20. Schwangerschaftswoche oder danach mindestens eines der folgenden Symptome neu auftritt:

  • Proteinurie
  • akute Nieren- oder Leberfunk­tionsstörung
  • neurologische Komplikation (zum Beispiel Eklampsie, Bewusstseinsstörungen, Spasmen, Sehstörungen, starke Kopfschmerzen)
  • hämatologische Komplikation (z.B. Thrombozytopenie, disseminierte intravasale Gerinnung, Hämolyse)
  • utero-plazentale Dysfunktion (fetale Wachstumsrestriktion, abnormer Doppler der Nabelschnur­arterien, Totgeburt)

Das klinischen Erscheinungsbild ist höchst variabel. Es reicht von einer asymptomatischen Hypertonie bis hin zu multiplen maternalen Organschäden.

Als Risikofaktoren für eine Präeklampsie gelten familiäre Vorbelastung, chronische Hypertonie, vorbestehender Diabetes, Nieren- und Autoimmunerkrankungen, höheres Alter, ein BMI > 30 kg/m2 sowie eine Mehrlingsschwangerschaft. Außerdem prädisponieren Komplikationen in vorangegangenen Schwangerschaften, z.B. fetale Wachstumsrestriktion, Totgeburt oder vorzeitige Plazentaablösung. Der stärkste Risikofaktor aber ist die Präeklamspie selbst: Etwa 25–30 % der Betroffenen erkranken in einer weiteren Schwangerschaft erneut.

Trotz intensiver Forschungsanstrengungen existiert bislang keine Therapie außer der Entbindung, die das Fortschreiten der Präeklampsie bremsen oder stoppen kann, berichtet Prof. Chappell. Man konzentriert sich daher im Wesentlichen auf Prävention, frühzeitige Diagnose sowie gezielte Prophylaxemaßnahmen. Gegenwärtige Screeningstrategien kombinieren klinische Risikofaktoren, maternale Biomarker und Bildgebung (Doppler der Uterusarterien). Sie zielen darauf ab, gefährdete Schwangere so früh wie möglich zu identifizieren, um sie entsprechend überwachen bzw. prophylaktisch behandeln zu können. Bei klinisch uneindeutigem Befund kann zusätzlich die Bestimmung von hemmenden und fördernden Angiogenesefaktoren (sFlt1* bzw. PlGF**) im mütterlichen Blut helfen. In der Regel gehen Veränderungen der Serumspiegel einer klinisch manifesten Präeklampsie um einige Wochen voraus. Somit kann die Erkrankungswahrscheinlichkeit innerhalb eines gewissen Zeitfensters abgeschätzt werden.

Niedrig dosierte Acetylsalicylsäure (ASS) ist einer jüngeren Cochrane-Analyse zufolge die einzige präventiv wirksame Substanz, ­ berichtet Prof. Chappell. Risikopatientinnen sollten mit der Einnahme optimalerweise vor dem vierten Monat beginnen und diese bis zur 36. Schwangerschaftswoche bzw. bis zur Geburt fortsetzen. Vermutlich fördert ASS die Plazentaimplantation und schützt das maternale Gefäßsystem. Auch Kalzium wirkt einer Metaanalyse zufolge vermutlich protektiv.

Zu den Langzeitfolgen zählen auch Diabetes und Demenz

Obwohl die Präeklampsie primär eine reine Schwangerschaftserkrankung ist, kann sie weitreichende Folgen für die Gesundheit der betroffenen Mütter haben, berichtet Prof. Chappell. Im Laufe ihres Lebens erkranken sie überproportional häufig an einer KHK, Schlaganfällen, Bluthochdruck und anderen kardio­vaskulären Komplikationen. Auch Diabetes, renale Funktionsstörungen und vaskuläre Demenz zählen zu den Langzeitfolgen. Angesichts dessen empfiehlt die Expertin, betroffene Frauen dauerhaft engmaschig zu monitoren, v.a. hinsichtlich Hypertonie und Diabetes. Zudem sollten sie für einen gesunden Lebensstil motiviert werden. Ob diese und weitere Maßnahmen, beispielsweise die präventive Behandlung mit Statinen oder ASS, allerdings das kardiovaskuläre Langzeitrisiko tatsächlich senken können, müssen Studien klären.

* soluble fms-like tyrosine kinase-1
** placental growth factor

Quelle: Chappell LC et al. Lancet 2021; DOI: 10.1016/S0140-6736(20)32335-7

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Nicht nur während der Schwangerschaft, sondern auch langfristig hat die Präeklampsie Folgen für die Mutter. Bisher kann lediglich ASS präventiv helfen. Nicht nur während der Schwangerschaft, sondern auch langfristig hat die Präeklampsie Folgen für die Mutter. Bisher kann lediglich ASS präventiv helfen. © Alexe – stock.adobe.com