Bei funktionellen Knieschmerzen kann meist der Hausarzt helfen
Meist sind die Auslöser von Schmerzen im Kniegelenk nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Dahinter können strukturelle Schäden, entzündliche Veränderungen oder degenerative Prozesse stecken. Risikofaktoren wie Alter, Übergewicht, Schmerzen mit anderer Lokalisation, Abweichungen der Beinachse (Varus- oder Valgus-Knie, Knickfußdeformität) und die berufliche Tätigkeit (z.B. Arbeiten im Knien oder in der Hocke) spielen zudem eine wichtige Rolle.
Strukturell bedingte Schmerzen sind meist die Folge eines akuten Traumas oder einer akuten Belastung. Funktionelle Knieschmerzen hingegen entstehen meist aufgrund einer unphysiologischen Beanspruchung des Gelenkes. Dennoch sind die Beschwerden nicht immer einem Ereignis oder einer anatomischen Struktur zuzuordnen, schreiben Privatdozent Dr. Christoph Schulze und Kollegen vom Zentrum für Sportmedizin der Bundeswehr in Warendorf.
Das Problem kann auch im Fuß oder Becken liegen
Der funktionelle Kniegelenksschmerz entsteht, wenn es zu Dysbalancen entweder im passiven Halteapparat (Kapsel-Band-Apparat) oder in der gelenkumgreifenden Muskulatur kommt. Aber auch bei Pathologien im Bereich des Fußes, Sprung- oder Hüftgelenks, des Beckens sowie der LWS können diffuse Knieschmerzen auftreten, da das Kniegelenk ein Teil dieser komplexen Funktionskette ist.
Eine ausführliche Anamnese und klinische Untersuchung reichen meist aus, um zu entscheiden, ob der Patient initial konservativ behandelt werden kann oder ob eine weitere Abklärung nötig ist. Falls es Anzeichen für einen strukturellen Schaden (z.B. Meniskus- oder Bandverletzung) gibt, sollte eine Bildgebung (Röntgenbild, Schnittbilddiagnostik) erfolgen. Wenn sich der Verdacht bestätigt oder weiterhin Unsicherheit besteht, sollte der Patient unverzüglich einem Facharzt vorgestellt werden.
Falls es jedoch weder anamnestische noch klinische Anzeichen für einen strukturellen Schaden, eine strukturelle Gelenkerkrankung oder eine B-Symptomatik gibt, kann mit einer symptomorientierten konservativen Therapie begonnen werden. In den meisten Fällen liegt der Dysbalance eine muskuläre Störung zugrunde (s. Kasten!), die sich bei der körperlichen Untersuchung durch Trigger-, Tenderpunkte oder Spannungs- und Umfangsdifferenzen zeigt. Vor dem Therapiebeginn sollte der Patient allerdings ausführlich über sein Krankheitsbild und die angewendeten Heilmittel aufgeklärt werden, um so die Adhärenz und Eigenkompetenz zu steigern.
Häufige Ursachen funktioneller Knieschmerzen
- Springer-Knie (Patellaspitzensyndrom)
- Läufer-Knie (Tractus-iliotibialis-Syndrom)
- Pes-anserinus-Syndrom
- Popliteus-Reizung
- femoropatellares Schmerzsyndrom
Kombi aus manueller Therapie und Krankengymnastik
Bei funktionellen Defiziten kann sich eine manuelle Therapie lohnen, wobei gleichzeitig auch höher und tiefer gelegene Problembereiche (Sprunggelenk, Beckengürtel, Wirbelsäule, Kiefergelenk) immer mitbehandelt werden sollten. Ultraschall- oder Stromanwendungen können als zusätzliche physikalische Therapien bei Reizzuständen im Sehnen- und Muskelbereich sinnvoll sein. Schlägt die Behandlung an, sollte als Nächstes zur Stabilisierung eine stabilisierende Krankengymnastik oder eine Krankengymnastik am Gerät verschrieben werden, ruhig auch überlappend mit der manuellen Therapie. Ärztliche Interventionen wie Akupunktur oder Infiltrationen sowie die Verordnung von Orthesen oder Bandagen können die Therapie zusätzlich unterstützen. Bessert sich die Schmerzsymptomatik jedoch unter der konservativen Behandlung nicht, sollte der Patient zur weiteren diagnostischen Abklärung einem Facharzt vorgestellt werden.Quelle Text und Abb.: Schulze et al. Wehrmedizinische Monatsschrift 2018; 62: 60-64 © Beta Verlag & Marketinggesellschaft mbH, Bonn