Supplemente mit Omega-3-Fettsäuren bringen nur selten Vorteile
Omega-3-Fettsäuren sollen vor Herzinfarkt, Hypertonie, Krebserkrankungen und Demenz schützen. Teilweise empfehlen sogar Fachgesellschaften die Supplementation von Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA). Studien zur Wirkung gibt es Zehntausende. Das erschwert die Einschätzung, kritisiert Pharmakologe Professor Dr. Martin Smollich von der Universität Lübeck.
Vor allem bei kardiovaskulären Erkrankungen erfreuen sich die Fettsäuren großer Beliebtheit. Dabei ergab eine Cochrane-Übersicht, in der immerhin mehr als 112 000 Teilnehmer aus 79 Studien berücksichtigt wurden und die eine sehr gute Evidenz aufweist, allenfalls geringen Nutzen: Die erhöhte Zufuhr von EPA und/oder DHA konnte weder Herz-Kreislauf-Erkrankungen noch dadurch bedingte Todesfälle verhindern. Auch die Gesamtmortalität blieb unbeeinflusst.
Die Vorstufe Alpha-Linolensäure, die z.B. in großer Menge in Leinöl vorkommt, könnte sich dagegen positiv auswirken – genau die ist in den Nahrungsergänzungsmitteln aber nicht enthalten. Die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA hat auf diese Daten reagiert und ihre Beurteilung angepasst: Eine Supplementierung von 1 g/d ist demnach zur Sekundärprävention nach Herzinfarkt unwirksam.
In bestimmten Stadien der Makuladegeneration sinnvoll
Auch bei Demenzerkrankungen und Depressionen existieren keine Belege dafür, dass die Substanzen Auftreten oder Verlauf günstig beeinflussen. In puncto Tumorkachexie sieht es nicht viel besser aus. Dennoch wird in der passenden Leitlinie die Gabe von Omega-3-Fettsäuren für Patienten mit fortgeschrittener Krebserkrankung unter Chemo angeraten, um Appetit und so Gewicht zu steigern. Die Empfehlungsstärke ist jedoch schwach und das Evidenzlevel gering. Es gibt aber immerhin ein paar positive Ausnahmen bei den Nahrungsergänzungsmitteln:
- Bei bestimmten Stadien der altersbedingten Makuladegeneration können EPA (650 mg/Tag) und DHA (350 mg/Tag) verhindern, dass die Krankheit fortschreitet.
- Bei Hypertriglyzeridämie, die auf die klassischen Fettsenker alleine nicht anspricht, könnten sie die Stoffwechsellage bessern.
Eine potenziell positive Wirkung sieht der Fachmann auch, wenn Schwangere oder Stillende die Substanzen einnehmen: Möglicherweise treten Frühgeburten seltener auf und Kinder werden vor Atopien geschützt (schwache Evidenz). Deshalb sollen Schwangere, die keinen Fisch essen, laut Empfehlungen DHA supplementieren. Je nach Fachgesellschaft unterscheiden sich die Dosierungen, sie liegen jedoch alle deutlich unterhalb der in den Studien untersuchten Gaben.
Ebenso profitieren eventuell Intensivpatienten mit schweren Verbrennungen und solche mit akutem Lungenversagen (schwache Evidenz) von DHA und EPA. Sie sollten jedoch nicht routinemäßig zum Einsatz kommen.
Quelle: Smollich M. AVP 2019; 46: 143-151