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Multiple Sklerose: Progression durch Sonnenexposition verlangsamen

Eine geringe Sonnenexposition gilt als Risikofaktor für die Entwicklung einer Multiplen Sklerose (MS). Ob der Sonnenmangel auch die Progression oder den Schweregrad der Erkrankung beeinflusst, wird kontrovers diskutiert. Unklar blieb bislang auch der Einfluss der medikamentösen Therapie.
Eine neue Studie bringt nun etwas Licht ins Dunkel. Patrick Ostkamp von der Medizinischen Fakultät Münster und Kollegen schauten sich den Zusammenhang zwischen UV-Licht und MS-Schweregrad genauer an. Als Marker für die Sonnenexposition dienten der Breitengrad, in dem ein Patient lebt, und der Vitamin-D-Spiegel.
Darüber hinaus wurde als genetisches Kennzeichen der Photosensitivität der Melanocortin-1-Rezeptor-(MC1R)-Genotyp berücksichtigt. Menschen mit Loss-of-Function-Varianten dieses Rezeptors weisen eine hohe Lichtempfindlichkeit auf. Über den MC1-Rezeptor werden zudem immunsuppressive Signale vermittelt. Im Mausmodell verbessert das MC1R-Signalling den Verlauf einer MS. Der MC1R könnte deshalb auch als Mediator von Sonnenlicht-Effekten auf das Krankheitsgeschehen dienen oder sie modifizieren.
Es zeigte sich, dass ein hoher Vitamin-D-Spiegel eindeutig mit einem geringeren MS-Schweregrad, mit einem verminderten Rezidivrisiko und geringerer Behinderungsprogression einherging. Ein niedriger Breitengrad (näher am Äquator) war mit einem hohen Vitamin-D-Spiegel, niedrigerem MS-Schweregrad, weniger Gadolinium-aufnehmenden Herden und reduzierter Behinderungsprogression vergesellschaftet. Die Beziehung zwischen dem Fortschreiten der Behinderung und dem Breitengrad bestand nicht bei Patienten, die mit Interferon-β behandelt wurden. Sie wiesen generell höhere Vitamin-D-Spiegel auf und es scheint, dass die Therapie das normale Wechselspiel zwischen Breitengrad und Vitamin-D-Konzentration verändert.
Zurückhaltung bei genetisch bedingter Photosensitivität
Bei Trägern eines dysfunktionalen MC1R-Gens war ein niedriger Breitengrad mit einer höheren MS-Aktivität verbunden, bei Trägern eines Gentotyps mit funktionalem MC1R dagegen mit einer verminderten MS-Aktivität.
Fazit: Sonnenlicht-Exposition hat wohl günstige Effekte auf Schweregrad und Progression einer MS. Bei lichtempfindlichen Menschen scheint dies jedoch ins Gegenteil umzuschlagen. Außerdem könnte neben der Bildung von Vitamin D eine Induktion von Typ-1-Interferonen ein weiterer Mechanismus sein, über den UV-Licht eine Immunmodulation bewirkt.
Quelle: Ostkamp P et al. PNAS 2021; 118: e2018457118; DOI: 10.1073/pnas.2018457118
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