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Schuppenflechte: Biologikum individuell auf Psoriasis-Patienten abstimmen

Die aktuell gültige Leitlinie zur Behandlung der chronischen Psoriasis vulgaris propagiert eine klare Strategie: Eine reine Lokaltherapie kommt nur für leichte Fälle infrage, d.h. für Patienten mit einem Befall der BSA* von maximal 10 % und einem PASI** von 10 Punkten oder weniger. Mittelschwer bis schwer Erkrankte (BSA > 10 %, PASI > 10 Punkte) brauchen eine Phototherapie bzw. konventionelle systemische Behandlung.
Bei mangelndem Therapieerfolg, Unverträglichkeiten oder Kontraindikationen kommen im nächsten Schritt Biologika bzw. der PDE-4-Hemmer Apremilast zum Einsatz. Manche dieser Substanzen können bei mangelnden Erfolgsaussichten der konventionellen systemischen Therapie bereits primär eingesetzt werden.
Die Wahl des Wirkstoffs richtet sich nach den individuellen Gegebenheiten beim Patienten. Mögliche Risiken, insbesondere eine vorbestehende Infektneigung, sind zu eruieren, erklärte Professor Dr. Knut Schäkel, Dermatologe vom UniversitätsKlinikum Heidelberg.
Unterschiedliches Infektionspotenzial
Schwerwiegende Infektionen wie Pneumonie und Zellulitis treten z.B. unter den potenten TNF-alpha-Blockern Adalimumab und Infliximab etwas häufiger auf als unter biologikafreien Regimen. In einer Registerstudie erreichte Adalimumab eine kumulative Inzidenzrate von 1,97 schweren Infektionen pro 100 Patientenjahre, Infliximab kam auf einen Wert von 2,49/100. Als Risikofaktoren gelten höheres Lebensalter, Diabetes, Rauchen und anamnestische Infektneigung. Ustekinumab und Etanercept bergen offenbar kein erhöhtes Infektionspotenzial.
Beim Schutz vor Candida-Infektionen spielt Interleukin(IL)-17 eine wichtige Rolle. Entsprechend drohen unter der Therapie mit den Anti-IL-17-Antikörpern Ixekizumab und Secukinumab vermehrt Hefepilzerkrankungen. Sie waren in Studien zwar nie Anlass für einen Therapieabbruch, so Prof. Schäkel. Dennoch sollte man für Psoriasis-Patienten, die öfter mit Candida zu tun haben, eine Alternative suchen.
Auch nicht-infektiöse Begleiteffekte beeinflussen die Wirkstoffwahl. So können TNF-Inhibitoren eine paradoxe Psoriasis auslösen, die sich typischerweise mit pustulösen Läsionen an Handflächen und Fußsohlen äußert. Als Alternative bieten sich in diesen Fällen IL-23-Blocker an. Entwarnung gibt es im Hinblick auf Tumorerkrankungen. Eine generelle Häufung unter TNF-alpha-Blockern ließ sich in großen Registerstudien nicht zeigen. Allerdings treten vermehrt nicht-melanotische Hautmalignome auf (Screening!).
Nicht zu unterschätzen sind die positiven Nebenwirkungen: Die Therapie mit TNF-alpha-Inhibitoren verringert die bei Psoriasis erhöhte Herzinfarktrate mit günstigem Einfluss auf die Mortalität – so das Ergebnis einer großen dänischen Studie. Man kann also wichtige Begleiterkrankungen gleich mit behandeln.
Der Zeitpunkt der Wirkung zählt ebenfalls bei der Therapieentscheidung. Patienten, die ein rasches Ansprechen benötigen, fahren am besten mit IL-17-Antagonisten. Damit erreichen viele bereits in Woche 4 ein PASI-90-Ansprechen, also eine Reduktion der Symptome um 90 %. Besonders schnell wirkt Brodalumab, das zu einer IL-17-Rezeptorblockade führt. Eine mittlere Geschwindigkeit beim Wirkeintritt zeigen IL-23-Inhibitoren, an dritter Stelle folgen die TNF-Blocker.
Individualisierte Strategien
- reduzierte Compliance:
Ustekinumab, Tildrakizumab, Infliximab (Präparate sollten sicherheitshalber in der Praxis gespritzt bzw. infundiert werden) - Übergewicht:
Ustekinumab, Infliximab (ggf. gewichtsadaptierte Dosis) - Kinder:
Ustekinumab (ab 12 Jahre, weniger Injektionen) - Tumoranamnese:
Apremilast (PDE-4-Hemmer, geringere Immunsuppression), Ustekinumab - paradoxe Psoriasis:
Anti-IL-23-Antikörper - Depression:
Anti-IL-23-Antikörper, Anti-TNF-Antikörper
Wann die biologische Therapie erneut ansetzen?
Viele Patienten wünschen sich einen lang anhaltenden Effekt. Den erzielt z.B. Ustekinumab, ein Antikörper gegen IL-12 und IL-23. Aber auch z.B. für Tildrakizumab, einen Anti-IL-23-Antikörper, konnte dies inzwischen gezeigt werden. Noch unklar ist, ob man ein Biologikum wieder ansetzen sollte, wenn der Patient es abgesetzt hat bzw. die Therapie passager beendet werden musste, der Kranke aber erscheinungsfrei blieb. In einer Studie hatten 30 % der Patienten auch sechs Monate nach dem Absetzen des Anti-IL-23-Antikörpers Guselkumab noch einen PASI 90. Acht von zehn, die einen Wirkverlust erlitten hatten, sprachen auf eine erneute Therapie mit Guselkumab gut an. Eine positive Nachricht, falls eine Unterbrechung nötig wird, erklärte Prof. Schäkel. Er erinnerte aber daran, dass das Verändern der Therapieintervalle immer in den Off-Label-Bereich gehört.Schwangeren bleibt nur ein einziges Biologikum
Welches Biologikum ein Psoriasiskranker verträgt, hängt auch von seinen Begleiterkrankungen ab. Keinen TNF-Blocker sollten beispielsweise Patienten mit Herzinsuffizienz der Stadien NYHA III–IV oder mit Multipler Sklerose erhalten. Auch bei Lupus erythematodes sind TNF-Blocker zu meiden, weil sie ein lupus-like-syndrome auslösen können. Vor Therapiebeginn mit diesen Substanzen muss eine Tuberkulosediagnostik erfolgen, bei latenter Tuberkulose kommt ggf. eine Prophylaxe infrage. In der Schwangerschaft sind sämtliche Biologika zu meiden – außer Certolizumab pegol. Denn das pegylierte Fab-Fragment eines Anti-TNF-Antikörpers wird nur in sehr geringem Umfang diaplazentar übertragen, eine fruchtschädigende Wirkung ließ sich bisher nicht beobachten.Quelle: DERM 2019 – Fachtagung dermatologische Praxis
* body surface area
** psoriasis area and severity index
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